Auf die weiterhin hohe Inflation hat die Europäische Zentralbank EZB erneut mit einer Zinserhöhung reagiert. Der Leitzins im Währungsraum der EZB wurde nun im Jahr 2022 bereits dreimal angehoben.
Dies war die erste Zinserhöhung, seitdem der Leitzins im Frühjahr 2016 null Prozent erreichte. Nach einer ersten Anhebung im Juli um 0,5 Prozent stemmte sich die EZB mit einer historischen Zinserhöhung auf 1,25 Prozent gegen die starke Inflation im Euroraum. Mit der im Oktober beschlossenen Anhebung des Leitzinses auf 2,0 Prozent kommt die dritte Reaktion der EZB auf die Rekordinflation. Doch was bedeutet die Zinserhöhung für den Alltag von Verbrauchenden?
Was ist der Leitzins und was kann er bewirken?
Mit dem Leitzins ist der sogenannte Hauptrefinanzierungssatz gemeint, der bestimmt, zu welchen Zinssatz Banken und Kreditinstitute Geld bei der Europäischen Zentralbank leihen können. Dies wird an die Kund:innen weitergegeben, sodass bereits die Zinsen für Minikredite mit einer kleinen Kreditsumme steigen. Die Kosten werden für Kreditgebende und Kreditnehmende höher. Die EZB verfolgt mit ihrer Zinspolitik hauptsächlich das Ziel, das Preisniveau stabil zu halten.
Auf die Zinsentwicklung hat die EZB mit ihren Anpassungen des Leitzinses dennoch großen Einfluss, da Banken auf der Grundlage der Leitzinsen arbeiten. Allein die Andeutung der EZB, dass sich der Leitzins in Zukunft erhöhen könnte, sorgt dafür, dass die Zinsen generell steigen, bevor eine Erhöhung beschlossen wird.
Warum hat die EZB nicht früher reagiert?
Die Erhöhung von Zinsen bringt immer Rezessionsrisiken mit sich. Das bedeutet:
- dass es zu einem Rückgang der Wirtschaftstätigkeit kommt und beispielsweise weniger gebaut oder investiert wird.
- Somit wird der gesamte Wirtschaftskreislauf ausgebremst und alle Bereiche der Wirtschaft sind davon betroffen.
- Sowohl die Corona-Pandemie als auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine haben bereits einen wirtschaftlichen Abschwung bewirkt, der nun durch die Zinserhöhung befeuert wird.
Die EZB, die mit ihren Entscheidungen die gesamte Europäische Währungsunion beeinflusst, muss einerseits die Inflation bekämpfen und andererseits versuchen, eine Verstärkung der Rezession zu verhindern. Gerade weil mehrere Länder der Währungsunion wie Frankreich oder Italien hoch verschuldet sind, tut sich die EZB mit einer Erhöhung des Leitzinses generell schwer. Ein höherer Leitzins kann in diesem Zusammenhang dafür sorgen, dass diese Länder ihre Schulden nicht zahlen können, was theoretisch zur Staatspleite führen kann.
Was bedeutet die Erhöhung des Leitzinses für die Verbraucher?
Die Anhebung des Leitzinses und dass die Zinsen immer weiter steigen wird je nach Lebenslage unterschiedliche Auswirkungen auf die Verbraucherinnen haben. Allerdings sollten sie nicht mit sinkenden Lebenshaltungskosten rechnen, da die Inflation besonders von den hohen Energiepreisen auf den internationalen Rohstoffmärkten angetrieben wird, auf die die EZB keinen Einfluss hat.

Erhöhung der Kredit- und Bauzinsen
Die Finanzierung von Immobilien wurde durch die lange Zeit sehr niedrigen Zinsen immer billiger gemacht. Doch zuletzt haben sich Kredite rasant verteuert und werden durch die gestiegene Zinslast noch teurer werden – vergewissern Sie sich, wie viel Zinsen sie zahlen müssen. Bauzinsen waren Anfang des Jahres beispielsweise auf dem Höchststand seit 10 Jahren angestiegen. Zudem befürchten Experten, dass die steigenden Kreditraten einige Schuldner überfordern könnten. Vor allem diejenigen, deren Zinsbindung in naher Zukunft ausläuft, sollten aufmerksam sein, da die monatlichen Rückzahlungsraten stark steigen sollten. In der Breite wird sich diese Veränderung vorerst nicht stark bemerkbar machen, da viele Kredit- und Baufinanzierungen einen festen Zinssatz über 10 oder 15 Jahre garantieren.
Eine Folge der Zinserhöhung wird sein, dass einige Hypothekenschuldner die steigenden Zinssätze ihrer monatlichen Raten nicht mehr stemmen können. Daher wird es vermehrt zu Zwangsversteigerungen von Immobilien kommen. Der Effekt sollte aber erst in den Jahren 2023 und 2024 zu spüren sein, da eine Zwangsversteigerung häufig auch eine lange Verfahrensdauer mit sich bringt. Entgegen der aktuellen Entwicklung war in den letzten Jahren die Zahl der Zwangsversteigerungen in Deutschland gesunken. Die starke Konjunktur und die niedrigen Zinsen haben die Zahlungslast bei Kreditnehmern gering gehalten. Bestimmte Darlehensarten sind dabei besonders stark nachgefragt, demnach die verschiedenen Formen eines Darlehens. Insbesondere die Immobiliennachfrage und die Nachfrage nach Immobiliendarlehen wurde angetrieben.
Situation für Sparer
Mit der erneuten Leitzins Anpassung dürften die Niedrigzinsen auf Tagesgeld- und Festgeldkonten sowie auf andere Konten der Vergangenheit angehören.
Schon mehr als 50 Banken haben mittlerweile die Negativzinsen für ihre Kunden teilweise oder ganz abgeschafft. Die Zinsen dürften für Sparer also langfristig steigen und erste Tendenzen in diese Richtung sind schon jetzt erkennbar. Auf der anderen Seite bedeutet die hohe Inflation, dass der Realzins weiterhin im negativen Bereich bleibt.