Die Zinsen steigen immer weiter

Die Zinsen steigen immer weiter

Die neuesten Entwicklungen in der Zinspolitik führen zu weiterhin steigenden Zinssätzen. Die Aufnahme von Krediten wird damit immer teurer und der Markt verändert sich im Vergleich zu den letzten Jahres drastisch.

Zuletzt hat die EZB, Europäische Zentralbank, bei ihrer Sitzung am 8. September 2022 beschlossen, die Leitzinsen um 0,75 Prozentpunkte zu erhöhen. Eine solche Erhöhung hat es seit der Einführung des Euros im Jahr 2002 noch nicht gegeben.

Seit dem 14. September 2022 liegt der wichtigste Leitzins der EZB bei 1,25 Prozent

Nach 11 Jahren wurde die erste Erhöhung der Leitzinsen am 21. Juli 2022 festgelegt. Dort betrug die Erhöhung 0,5 Prozentpunkte. Der in den vergangenen Jahren unveränderte Leitzins unterliegt damit innerhalb kürzester Zeit großer Veränderung und einem noch größeren Zinsschritt. Der neue Leitzins von 1,25 Prozent wird nun fällig, wenn Banken sich Geld von der Zentralbank leihen. Andersherum erhalten Kreditinstitute seit dem 14. September 0,75% Zinsen, wenn sie ihr Geld bei der EZB parken. 

Doch welche Auswirkungen hat die Erhöhung letztlich auf uns Konsument:innen?

Auswirkungen auf dem Konto

Auf dem Konto zeigt sich die Zinssteigerung eher positiv. Dort kann in Zukunft und nach langer Zeit mit Guthabenzinsen gerechnet werden. Das bedeutet, dass Zinsen auf das gesparte Geld erhalten werden. Dennoch ist es äußerst wichtig zu beachten, dass die Kaufkraft des Geldes aufgrund der Inflation dennoch abnimmt. Die Finanzen sollten also nach wie vor gründlich im Griff behalten werden. Durch die Zinsvergabe auf das gesparte Geld kann der Abstand zur Inflationsrate maximal erringert werden.

Zuvor wurden in den vergangenen 11 Jahren nur null oder minimale Zinsen auf erspartes Geld gegeben. Für Sparende war das niedrige Zinsniveau von Nachteil – für Kreditnehmende jedoch deutlich von Vorteil. Kreditnehmende spüren die neuen Veränderungen merklich.

Auswirkungen auf die Kreditaufnahme

Im Zuge des Anstiegs des Leitzinses werden nicht nur die Kosten, sich Geld zu leihen, für die Kreditinstitute teurer. Kreditgebende geben die Kosten an ihre Kunden:innen weiter, um auch ihre Existenz zu sichern. Dementsprechend steigen die Zinskosten für das Geld leihen aktuell. Die Aufnahme eines Kredits ist daher mit höheren Rückzahlungskosten verbunden. Dennoch sind Kreditinstitute zunächst oftmals abwartend, bis der steigende Zins endgültig an Kund:innen weitergegeben wird.

Je nachdem ob die Zinsen absehbar sinken oder steigen, ist es empfehlenswert, mit der Kreditaufnahme zu warten oder sich zu beeilen

Durchschnittlich sind Ratenkredite teurer als Baukredite. Die Zinsen für Baukredite sind dennoch seit Beginn des Jahres deutlich gestiegen. Menschen, die sich ein Haus oder eine Wohnung kaufen wollen, sind von den höheren Zinsen betroffen und ärgern sich mutmaßlich über das Timing. Jedoch wird auch die Umschuldung von Krediten oder die Abschlussfinanzierung, wenn die Zinsbindung endet, teurer. Die monatliche Rate wird in den meisten Fällen höher ausfallen. Insbesondere die Kreditzinsen für Immobilien und Unternehmen werden in der Regel relativ schnell an den Leitzins angepasst. 

Verbrauchende müssen daher mehr Geld für die Aufnahme von Krediten einplanen. Bereits bei kleineren Konsumentenkrediten ist mit höheren Kosten zu rechnen. Ein Kleinkredit kann dann trotz der geringen Summe zu hohen Rückzahlungskostem führen. Es bedarf demnach einer angepassten Planung für die Aufnahme eines Kredits. Die immer steigenden Kosten erfordern neue Kalkulationen in vielen Bereichen. 

Auch die Bauzinsen sind von Januar 2022 bis Mai 2022 um fast 2 Prozentpunkte gestiegen. Die nachstehende Tabelle verdeutlicht den Anstieg der Bauzinsen, die in den vergangenen Monaten bereits zu verzeichnen sind.

Auswirkungen auf die Kreditaufnahme
ZeitpunktZinssatz Baufinanzierung
Januar 20221,0 Prozent
Juni 20223,0 – 3,4 Prozent

Dieser letzte Prozentsatz ist zunächst gleich geblieben, bevor die Zinsen mittlerweile auf über 4 Prozent (Stand Oktober 2022) gestiegen sind. Die Bauzinsen sind bereits vor der Erhöhung des Leitzinses stark gestiegen. Es geht dabei um die Zinserwartung in den kommenden 10 Jahren und mehr. Der Anstieg wurde sozusagen vorweggenommen. Bis zum Jahresende erwarten Experten einen Anstieg auf 3,5 Prozent für zehnjährige Darlehen. Es ist demnach wichtig, sich zu vergewissern, wie viele Zinsen letztlich gezahlt werden müssen.

Bei Verbraucherkrediten und klassischen Ratenkrediten ist von einem weiteren Anstieg der Zinsen auszugehen – denn aktuell steigen die Zinsen immer weiter. Darüber hinaus wird teilweise über strengere Bedingungen bei der Kreditvergabe gesprochen, da die wirtschaftliche Situation und steigende Zinsen auch das Ausfallrisiko für die Kreditrückzahlung erhöhen.

Langfristig ist der Plan der EZB, die Zinsen wieder auf ein Niveau zu bringen, welches die Rückkehr der Inflation in Richtung Zielmarke ermöglicht

Dafür ist für das Jahr 2023 voraussichtlich mit einer Inflation von 5,5 Prozent zu rechnen. Die wirtschaftliche und finanzpolitische Situation bleibt dennoch dynamisch und unterliegt weiterhin diversen Veränderungen.

Andreas Linde
Von
Der Kreditexperte Andreas Linde ist seit 2014 in der Finanzbranche tätig. Auf Matchbanker schreibt er über Kredite, Refinanzierung, APR, Zinssätze und alles, was mit Finanzen zu tun hat.
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